Burnout kann jeden treffen? – Das ist ein Irrtum, dem ein historisch
bedingtes Missverständnis zugrunde liegt. Viele von uns Älteren kennen ja noch den mahnenden Satz: „Du kriegst nochmal einen Herzinfarkt, soviel wie Du arbeitest!“

Das war die gängige Belehrung schon zu Zeiten unserer Großeltern und sollte mal wieder zum Ausdruck bringen, das Arbeiten eben ungesund ist. Dass vielmehr die damalige Lebensweise ohne Sport, mit viel Sitzen bei der Büroarbeit, dabei rauchen, essen und schon vormittags Alkohol trinken die eigentlichen Gefährdungsindikatoren waren, hatte ja kaum jemand auf dem Schirm.

Gesundheitsvorsorge beschränkte sich damals auf Mahnungen wie: „Zieh Dich warm genug an!“ (im Winter) und: „Creme Dich im Freibad ein!“ (im Sommer). Hinzu kamen noch solche Unsinnigkeiten wie: „Keine Kirschen essen und gleichzeitig Wasser trinken (gibt angeblich Bauchweh).“ In meiner Jugend qualmte man das Auto voll – ohne Rücksicht auf die nicht angeschnallten Kleinkinder- und trank am Arbeitsplatz schon zum zweiten Frühstück den dritten Cognac. Trotzdem unterliegen wir auch heute noch dem Irrtum, Arbeit sei grundsätzlich ungesund. Vor allem zu viel Arbeit.

Aber Burnout ist nie Ausdruck von realer Arbeitsüberlastung. Wenn doch, müsste unsere Bundeskanzlerin z.B. längst in einer psychosomatischen Klinik zuhause sein. Man könnte eher sagen: Was dem einen zu schaffen macht, verschafft dem anderen Befriedigung. Es ist also nicht der Stress an sich, sondern der unbewältigte Stress, der krankmachen kann.

Es gibt Persönlichkeitsmerkmale und Handlungsstereotypen, die eine Erkrankung stark begünstigen. Risikopersönlichkeiten sind: Idealisten, Helfer und Perfektionisten. Denn Burnout gefährdete Menschen sind oft überperfektionistisch, genügen nie ihren eigenen Ansprüchen, haben oft ein geringes Selbstwertgefühl und haben deshalb häufig Versagensängste. Sie hadern also ständig mit sich, beschäftigen sich andauernd nur mit Problemen.

Dieses oft neurotische Verhalten muss aber erstmal erkannt und vor sich selbst akzeptiert werden. Und bis dahin ist das Kind leider meist schon in den Brunnen gefallen. In einer Therapie lernen die Betroffenen die frühen Warnsignale ihres neurotischen Verhaltens zu erkennen und diesen entgegenzusteuern.

Für Unternehmen lässt sich durch Betriebliches Gesundheitsmanagement das Burnout-Risiko der Mitarbeiter verringern. Die Arbeitsatmosphäre spielt hier eine große Rolle. Kann ich über meine Gefühle reden, werde ich akzeptiert, wie ich bin, gibt es eine fehlertolerante Kultur? Denn Burnout ist eine ernstzunehmende depressive Krankheit und muss unbedingt erkannt, vor sich und anderen eingestanden und therapeutisch behandelt werden!

Ferdinand Linzenich
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